Tabletop als Kammerspiel

Im letzten Beitrag stellte ich einige Horror-Perlen bei Videogames vor. Darunter «The Mortuary Assistant». Das Indie-Spiel ist mir in Erinnerung geblieben. Faszinierend, wie es die Game-Entwickler zustande brachten, mit wenig Inhalt etwas sehr Überzeugendes zu erschaffen!

Es ist eine Art Kammerspiel. Es gibt eigentlich nur einen Level: The Mortuary, die Leichenhalle, wo die Toten präpariert werden. Man schlüpft in die Rolle einer Assistentin, die dort arbeitet. Dabei wird sie mit übersinnlichen Vorgängen und einer Legende von dämonischen Heimsuchungen konfrontiert.

Das Game spielt nur in dieser kleinen Leichenhalle, die, sofern ich mich recht erinnere, nicht mehr als 2-3 Räume hat und einen Keller.

Ein weiteres Merkmal ist die Monotonie. Man durchläuft Arbeitstage. Zentrale Mechanik ist die Präparierung der Leichen. Das klingt nicht nur abstossend und gruselig, sondern irgendwie auch langweilig. Aber durch zufällige Events, hier eine Erscheinung in der Ecke, dort eine Tür, die von Geisterhand zuschlägt, sowie die Grundgeschichte mit den Dämonen, die entschlüsselt werden soll, schafft es The Mortuary Assistant, einem zu fesseln.

Nun. Was ist der Punkt? Nicht nur Indie-Game-Designern fehlen oft die Möglichkeiten, grosse Spielwelten mit dutzenden von durchdachten Levels zu kreieren. Auch wer Tabletops erschafft, steht vor diesem Problem. Es ist eine Frage des zeitlichen Aufwandes, des Geldes und des Platzes. Wohin mit all den Spielwelten? Es ist schlicht unrealistisch.

Und auch unerwünscht, weil es nicht das Wichtigste ist. Viele Filme und auch Games beweisen, dass es eigentlich nur einen Ort, eine gute Geschichte und gute Charaktere benötigt.

The Mortuary Assistant ist ein Beispiel. Man könnte auch Filme wie Quentin Tarantinos «The Hateful 8» nennen oder das «Ding aus einer anderen Welt» von John Carpenter. Bei den Games fällt mir noch «Resident Evil 7» ein, das fast nur in einem Farmhaus in den Sümpfen spielt.

Spannung und Handlung entstehen hierbei mit dem Element des Unbekannten und der Verfolgung. Die Charaktere werden von einem scheinbar übermächtigen Gegner durch die Lokalität gejagt, der ihnen immer einen Schritt voraus zu sein scheint. Oder sie müssen – wie im Fall von Hateful 8 oder Das Ding – erst herausfinden, wer der Bösewicht, der Verräter oder das Monster ist.

Bei einem solchen Kammerspiel sind auch die Charaktere, ihre Geschichten und Legenden rund um die Lokalität sehr wichtig.

Wie kann ein Tabletop kreiert werden, das einen solchen Ort bietet und das man gerne spielt? Warum sollte es ein Tabletop-Spiel sein und nicht bloss ein Film oder ein Buch, das man «passiv» konsumiert?

Diese Fragen werden mich sicherlich beschäftigen, wenn ich in den nächsten Monaten die Idee des Kammerspiel-Tabletops weiterspinne.

Bild: The Hateful 8, The Weinstein Company

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